Chaos und Ordnung
Bei der Anlage unseres Kleingartens haben wir zum Ziel diesen im „Cottage Stil“ zu gestalten. Deshalb sind wir des öfteren verwundert, wenn man unseren Garten als „Öko-Garten“ bezeichnet. Natürlich achten wir auf eine naturnahe Zusammenstellung der Pflanzen und bewirtschaften diesen im Sinne der ökologischen Grundprinzipien.
Zum einen, weil wir Gärten allgemein als kleine Bioreservate betrachten in denen die sonst vorherrschende Monokultur und Verarmung der Landschaft durch eine gewisse Biodiversifikation (Artenvielfalt) einen geringen Ausgleich erhält. Zum anderen, weil eine Bewirtschaftung des Gartens nach ökologischen Gesichtspunkten einfach weniger Arbeit und mehr Freude macht. Doch dazu später mehr.
Um so erstaunter waren wir im letzten Jahr, als der Besuch des Vorstandes bei der Gartenbegehung uns mitteilte, daß unser Garten durch „Verwilderung“ und „Unordnung“ auffällig geworden sei.
Um es vorweg zu nehmen: Dem Gartenvorstand wurde schon beim Betreten des Gartens bewusst, daß es sich hier um eine Verwechslung handeln musste. Mittlerweile ist man schon soweit, daß unser Garten als Vorbild für einen „Öko-Garten“ – Da war es schon wieder – fotografiert und vorgestellt werden soll.
Dieser Besuch gab aber den Anlass uns einmal genauer mit der Hannoverschen Gartenordnung auseinanderzusetzen. Die Fragen die sich uns stellten waren:
„Wie kann ein Garten denn nun nach der Gartenordnung aussehen?“
„Sind gemulchte Beete nun unordentlich oder müssen, wie in anderen Gärten häufig zu sehen, die Pflanzen einzeln in nackter Erde stehen?“
Nun, die Hannoversche Gartenordnung macht dazu eine sehr klare Aussage:
4. Naturnahe Gartenbewirtschaftung
4.1 Eine umweltverträgliche Bewirtschaftung der Gärten ist sicherzustellen. Im Sinne einer ökologischen, naturnahen und nachhaltigen Kleingartenkultur ist der Pächter verpflichtet Gartenpflanzen, Bäume und Boden durch geeignete Maßnahmen (gesundes Pflanzenmaterial, richtige Standortwahl, Fruchtfolge, Gründünger, Mulchen, Kompostzugaben,
mechanische Bodenbearbeitung u. a.) zu pflegen und gesund zu erhalten.“
(» GARTENORDNUNG HANNOVER Stand 2004)
Das Bundeskleingartengesetz fasst das ganze in einem Satz zusammen:
§ 3 Kleingarten und Gartenlaube
(1) […]. Die Belange des Umweltschutzes, des Naturschutzes und der Landschaftspflege sollen bei der Nutzung und Bewirtschaftung des Kleingartens berücksichtigt werden.
(» BUNDESKLEINGARTENGESETZ Stand 1983)
Somit war für uns nun klar das der Weg, den wir mit unserer Gartenbewirtschaftung gegangen sind nicht nur der von uns als richtig empfundene Weg ist, sondern sich auch noch vollständig mit den Vorgaben der Gartenordnung deckt.
Dies bedeutet aber auch, das die Gartenfreunde, die den in den Nachkriegsjahren aufgekommene GartenUNkultur der „nackten, verbrannten Erde“ – der von jeglichem Wildwuchs befreiten Blumenrabatten – sich ernsthafte Gedanken über ihr Handeln machen müssen.
Warum haben wir nun aber keinen „Öko-Garten?
Leider ist der Begriff des „Öko-Gartens“ in den letzten Jahren immer wieder in Verruf geraten. Viel zu leicht wird der Begriff der ökologischen Bewirtschaftung dann herangezogen, wenn Gartenfreunde keine Lust haben sich intensiv um ihren Garten zu kümmern und diesen extensiv zu bewirtschaften. Der Garten ist dann häufig nur noch Aufenthaltsfläche und besserer Grillplatz.
Gartenland ist Kulturland und erfordert demnach eine Auseinandersetzung mit den Wirkmechanismen der Natur. „Einfach alles wachsen lassen“ zeugt von einem gewissen Unverständnis und führt in fast allen Fällen zu einer Monokultur aus Quecke, Girsch und sonstigen Ruderalbesiedlern. Sicherlich bietet ein solcher Garten auch Rückzugspunkte für Vögel und den einen oder anderen Schmetterling, doch dies kann auch bei einer extensiv geführten Bewirtschaftung im Garten geschaffen werden. Sogar noch viel mehr. Durch die Artenvielfalt schafft man Lebensräume für Arten, die gegebenenfalls so in unserer ausgeräumten Landschaft keinen Raum zum Überleben mehr finden.
Wir sollten unseren Garten als Insel betrachten, in dem wir der Vielfalt der Natur die Möglichkeit bieten sich ein Stück der Welt zurückzuerobern.
In einem echten Öko-Garten würde nun der Gartenfreund auf ein Zusammenspiel der heimischen Flora und Fauna achten und eventuell beginnen ganz vorsichtig sein Gemüse im Rahmen der Permakultur heranzuziehen.
Wir haben für unser Gemüse Hochbeete gebaut, die wir recht intensiv bewirtschaften. Auch scheuen wir uns nicht, diverse Zuchtformen von Stauden in unserem Garten zu pflanzen. Wir wollten eben einen „Cottage Garten“ und keinen „Öko Garten“.
Sylvie sagt:
Hallo aus Österreich!
Ein Ökogarten ist ja klar definiert – keine synthetischen und leicht löslichen Pflanzenschutz- und Düngemittel, Kreislaufwirtschaft, Bedingungen schaffen, in denen sich
Tiere (Regenwürmer! Vögel, Bienen etc.) wohl fühlen und den Menschen unterstützen.
In einem Bio/Ökogarten leben 600 Regenwürmer pro Quadratmeter
(graben 440 m Gänge!!) in einem konventionellen Garten (Rasen ohne Beikräuter, Thujen) leben genau 8 (!) Regenwürmer pro Quadratmeter, die dann 6 m Gänge graben.
Das sollte uns schon zu denken geben und unsere Verantwortung gegenüber der Schöpfung hinterfragen.
Aber als Privater muß man ja nicht verbissen vor sich hin arbeiten,
sondern kann sich über Geschenke für den Garten, auch wenn das gezüchtete Stauden sind, trotzdem freuen.
Also ein verwahrloster Garten ist noch lange kein Ökogarten, wie auch eine verwahrloste Wiese nicht automatisch eine Blumenwiese wird. Ich denke der Begriff Öko/Bio ist schon klar geregelt.
Schöne Grüße aus der Umgebung von Wien – Sylvie
Markus Söth sagt:
Hallo Sylvie,
vielen Dank für Deinen Kommentar und die erweiterten Informationen. Jetzt erklärt sich auch warum in unserem Rasen trotz Kompostgaben und einem doch recht regen Vorkommen von Regenwürmern (jedenfalls den vielen Haufen im Herbst und Winter nach zu urteilen) immer noch so viele Gänseblümchen (Anzeiger für Bodenverdichtung) befinden. Die können natürlich gerne bleiben so schön wie diese sind.
Wenn ich Deinen Kommentar lese, denke ich gehen wir gedanklich in die selbe Richtung. Mir war es nur einmal wichtig auch anderen Kleingartenliebhabern auf zu zeigen das „Nichts tun“ nicht mit eine Öko-Garten gleich zu setzen ist. Vielmehr das „Öko“ eine intensive Auseinandersetzung mit den Kreisläufen und Wirkungsweisen der Natur bedeutet. Was natürlich nicht heissen soll, das man dies nicht auch in einem Cottage Garten bei seiner Tätigkeit berücksichtigen kann.
Schön das wir auch in Österreich gelesen werden.
Gruß
Markus